Quadrat2
Das Wohnhaus in Sichtbeton enthebt sich der neuerdings landläufig üblichen Strategien von Haus mit modelliertem Garten, Stützmauern und Terrassen im Gelände, hält kraftvoll dagegen: Ein Hang, ein Haus, ein Hof. Das Ensemble von quaderförmigem Haus und eingeschnittenem Eingangshof löst alle diese problematischen Hangthemen mit ebendiesen zwei in die Bergwiese gestanzten Figuren. Sie stecken einfach im nahezu unveränderten Hang inmitten einer großflächigen Bergwiese. Wer hier ankommt, ob motorisiert oder zu Fuß, wird von einem kleinen, übermannshohen Hof mit Baum und Tauchbecken empfangen. Den dazugehörigen, auf Straßenniveau situierten Sauna-/Wellnessbereich schützt das hölzerne Geviert vor neugierigem Passantenblick. Auto und Mensch verschwinden in einem gebauten, vom Hang überdeckten Zugang.
Der Grundriss basiert auf vier Quadranten eines Quadrats = Quadrat2. Drei davon sind umschlossen von monolithischen Betonwänden, der vierte Quadrant wird zur südwestseitigen Terrasse. Die Wohnebene zelebriert die Mittags- und Abendsonne. Auf der höherliegenden Schlafebene macht der Baukörper die Gegenbewegung, umschließen die zwei verbleibenden Raumeinheiten ebenfalls eine Terrasse, diesmal nach Nordosten. Die zwei „Kammern“ berühren sich hier quasi auf einer Nulllinie. Das Konzept entmaterialisiert die bauliche Verbindung auf null, verbindet die beiden Räume anderseits optisch über die raumbegrenzende, hangseitige Verglasung. Die diversen Treppenanlagen – Wendel- und einläufige Treppe – reagieren auf Raumgefüge und Funktion, sie inszenieren das Begehen der Skulptur und deren Symmetrie über die Diagonale. Kleine Lichthöfe am Treppenausstieg und Zenitallicht über dem Treppenauge unterstützen diese Wirkung. Erstaunlich, wie sich Geometrie, Purismus und Poesie in diesem austarierten Entwurf eines Hanghauses paaren. Gekonnt umschifft diese Gemengelage übliche bauliche Verfänglichkeiten und formuliert zugleich eine dialektische Aussage, die ihresgleichen sucht.
Marina Hämmerle